Die Vereinsgeschichte

 

Es waren 20 Männer aus den Bereichen Degerndorf und St. Margarethen, die am 15.Juni 1901 den Gebirgstrachten- und Krankenunterstützungsverein gründeten. Der Jahresbeitrag betrug 4,80 (Gold)Mark. Die Krankenunterstützung betrug 0,40 Mark pro Tag und wurde nur bei gänzlicher Erwerbsunfähigkeit unter Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses gewährt.

Nach maximal 60 Tagen Unterstützung ruhte diese für die nächsten sechs Monate. Zog sich ein Mitglied durch einen unsittlichen Lebenswandel, Rauferei oder Trunkenheit eine Krankheit zu, so wurde keine Unterstützung gewährt. Das Mindestalter beim Eintritt war 18 Jahre.

 

Bei der ersten Generalversammlung am 27. April 1902, bei der auch Gauvorstand Xaver Huber anwesend war, trat der Verein dem Gauverband I bei. Nach eingehender Beratung der Versammlung wurde für den 15. Juni 1902 die Weihe für die 1. Fahne angesetzt. Die Patenschaft übernahm der GTEV "Hochries" Grainbach. Achtzehn Vereine aus der näheren und weiteren Umgebung mit insgesamt 220 Trachtlern nahmen an diesem Fest teil. Da zu dieser Zeit die noch sehr jungen Trachtenvereine in der Öffentlichkeit, besonders bei der Kirche, kein sehr hohes Ansehen genossen, verweigerte der damalige Pfarrer von Flintsbach, (Degerndorf gehörte damals zur Pfarrei Flintsbach), die kirchliche Weihe der Fahne, also durfte es auch sein Kooperator nicht tun. So nahm die Weihe dann ein Karmeliterpater aus dem Kloster Reisach vor. Die Fahnenbraut Franziska Höfer aus Milbing trug die Fahne ohne Absetzen von Flintsbach bis nach Degerndorf zum Gasthaus Höggner und brachte hernach nach einem Prolog ein Hoch auf seine königliche Hoheit Prinzregent Luitpold aus.

 

Im Herbst des Jahres 1903 entsandte der Verein eine Abordnung nach Kufstein, wo der Bayrisch-Tirolerische Inngau gegründet wurde. Dabei wurde Josef Lechl aus Degerndorf in den Ausschuß gewählt.

Am 21. Mai 1905 war in Degerndorf das Gaufest des noch kleinen Inngaues zu dem 15 Vereine erschienen. Am Vorabend fand die Gauversammlung in Degerndorf statt, die bis 2 Uhr nachts dauerte.

Es folgten Jahre des Aufschwungs, die Mitgliederzahl stieg an, bis der 1. Weltkrieg ausbrach und die Vereinstätigkeit die nächsten vier Jahre ruhen ließ. Bei der ersten Versammlung nach dem Krieg fehlten sechs Mitglieder, die im Feld geblieben waren. Mit viel Eifer und Selbstvertrauen wurde wieder begonnen.

 

Als man 1923 die Patenschaft bei den "Brünnstoana“ Niederaudorf mit Freuden übernahm, war die Sorge groß, wie man das finanzieren sollte. Die Vereinskasse war sehr mager gefüllt und das Geld verlor von Tag zu Tag an Wert. Gönner und Förderer des Vereins stifteten Holz, was einen Erlös von 818.000 Mark (Inflationsgeld) erbrachte.

Im Jahr 1924 wurde Toni Grad zum 1. Vorstand gewählt und blieb dies bis 1947. Er war damit 23 Jahre lang Vorstand und leitete den Verein durch eine sehr schwierige Vorkriegszeit und auch den 2. Weltkrieg. Von 1930 bis 1965 war er auch 1. Gauvorstand.

 

Im Jahre 1925, wieder bei gefestigter Währung, fand ein Preiskegeln statt, was einen Gewinn von 700 Reichsmark ergab. Das war der Grundstock für eine neue Fahne. Diese wurde am 16. Mai 1926 in der Magdalenenkirche auf der Biber geweiht. Die Patenschaft übernahm diesmal der GTEV "Brünnstoana“ Niederaudorf und 42 Vereine, darunter 8 Ortsvereine, nahmen an diesem schönen Fest teil.

Schwierig war die Zeit um 1932 als zwei Drittel der Mitglieder arbeitslos waren. Man beschloss, den Beitrag auf 4 RM herabzusetzen und die Kleiderkasse aufzuheben.

Das nächste größere Ereignis war dann das Gaufest im Juli 1936, das außer einer Stunde zu Mittag , von Dauerregen begleitet war. Trotzdem konnten 3000 Festzeichen zu 30 Pfennig verkauft werden.

Die Folgen des Dritten Reiches bekam der Verein zu spüren, als er einer Organisation unterstellt wurde, die mit der Trachtensache nichts gemein hatte. Immerhin durfte man vorerst noch weiterbestehen, aber Ende 1938 war es dann soweit: Der Verein musste seine Tätigkeit einstellen. Es gab keine Versammlungen mehr, die Krankenkasse wurde aufgehoben, ebenso endeten die Niederschriften ins Protokollbuch.

Nach dem leidvollen Krieg sammelten sich die Kameraden 1946 wieder, um mit neuer Tatkraft die Idee des Trachtenvereins fortzusetzen. Es folgten Jahre des Aufschwunges, viele Besuche bei Brudervereinen mussten gemacht werden. So war es nicht verwunderlich, dass unser Verein 1951 das 50jährige Gründungsfest groß feierte. 10 Jahre später (1961) war es wieder unser Verein, der das Gaufest ausrichtete. Außer einer Stunde vor dem Festzug, war das Fest wieder einmal von Dauerregen begleitet.

 

Bereits 1968 beschloss man, auf der Biber ein Waldfest abzuhalten, um vom Erlös Trachtenkleidung für die Trachtenjugend zu kaufen und die Eltern finanziell zu entlasten. Da das Fest bei der Bevölkerung so gut ankam, findet es seitdem jedes Jahr statt.

 

Traditionsgemäß fand mit dem Kirchenpatrozinium der Magdalenenkirche ein Markt statt. Aus welchen Gründen auch immer wurde der Schankbetrieb eingestellt. Der Trachtenverein sah darin eine Aufgabe, diese alte Tradition wieder neu zu beleben. 1971 wurde dann im Einvernehmen mit der Gemeinde der Marktbetrieb wieder aufgenommen und findet seitdem jedes Jahr statt.

Im Jahre 1976 wurde die dritte Fahne geweiht. Das nächste Gaufest durften wir dann 1986 ausrichten. 2001 feierten wir unser 100-jähriges Bestehen mit den Vereinen aus dem Oberen Inngau. Unser 110-jähriges Jubiläum wurde nur im kleinen Rahmen mit den Ortsvereinen gefeiert.

 

 

Unzertrennbar ist der Name Grad mit dem Verein verbunden. 23 Jahre (1924-1947) stand Toni Grad an der Spitze des Vereins und 35 Jahre (1930-1965) war er 1. Gauvorstand. Mit Kraft und Herz setzte er sich in sehr schwierigen Zeiten für die Trachtensache ein. Ganz im Sinne seines Vaters arbeitete Hans Grad als 1. Vorstand 21 Jahre (1966-1987) weiter. Aktuell bekleidet seit 2011 dessen Enkel Sebastian Grad dieses Amt.